Niedrigtemperatur - die Methode
Mit einer Weihnachtsgans fing alles an, vor etlichen Jahren. Nach 7 Stunden im Ofen war das Fleisch so aromatisch, zart und perfekt rosa – ich waren hingerissen! Seither hat mich die Begeisterung fürs Niedrigtemperaturgaren nicht mehr losgelassen. Und wer es einmal ausprobiert hat, wird mir zustimmen: Ob kleine Medaillons oder große Braten – mithilfe der Niedrigtemperaturmethode gelingt Fleisch auch zu Hause so butterzart und saftig wie im Sternerestaurant. Für alle, die sie noch nicht kennen, hier das Wichtigste in Kürze:
- Ihr Backofen muss eine konstante Temperatur von 80 Grad halten! Verlassen Sie sich dabei nicht auf die Grad-Angabe auf dem Schalter, im Bereich unter 100 Grad sind die meisten Herde ungenau. Testen Sie das vorher mit einem Backofenthermometer (bekommen Sie im Haushaltswarengeschäft oder im Kombipack mit meinen Küchenratgebern Zart und saftig bei 80 Grad und Niedrigtemperaturgaren im Buchhandel). Gasherde sind untauglich, außer solche mit Elektro-Backrohr.
- Einwandfreie Fleischqualität und hygienische Verarbeitung sind bei der 80-Grad-Methode besonders wichtig, weil das Fleisch nicht bei hohen Temperaturen durchgebraten wird. Nehmen Sie es 30 Minuten bis 1 Stunde vor der Zubereitung aus dem Kühlschrank, damit es beim Anbraten Zimmertemperatur hat.
- Heizen Sie den Backofen samt einer flachen, ofenfesten Form aus Porzellan oder Keramik auf 80 Grad vor. Metallbräter sind ungeeignet! Inzwischen erhitzen Sie in einer Pfanne Öl oder Butterschmalz und braten das gewürzte Fleisch darin bei mittlerer Hitze an. Braten Sie auch die Enden sorgfältig an, damit der Saft im Fleisch bleibt. Dabei die angegebene Anbratzeit bitte einhalten, denn dadurch bekommt der Braten die gewünschte schützende Kruste und die nötige Grundtemperatur.
- Setzen Sie das Stück dann in die Form im Backofen und garen das Fleisch bei 80 Grad fertig. Wichtig: nicht zudecken und keine Flüssigkeit angießen! Während der Braten seiner Vollendung entgegengart, können Sie sich in Ruhe der separat zubereiteten Sauce und den Beilagen widmen.
- Stecken Sie zum Ende der angenommenen Garzeit ein Bratenthermometer in die dickste Stelle des Bratens (aber nicht bis zum Knochen) und warten ab, bis die ideale Kerntemperatur erreicht ist. Welche Kerntemperatur bei welcher Fleischsorte als ideal gilt, entnehmen Sie der Garzeitentabelle.
- Da der Niedrigtemperatur-Braten naturgemäß nur warm ist, sollten Beilagen und Sauce heiß sein. Wärmen Sie außerdem Teller und Servierplatten gut vor (einfach zum Ende der Garzeit 10 Minuten mit in den Backofen geben). Sie können den Braten sofort in Scheiben schneiden, Ruhen lassen ist nicht nötig.
Kombi-Methode für große Braten
Ganzes Geflügel sowie Reh-, Hirsch oder Lammkeulen lassen sich auf dem Herd schlecht rundherum anbraten. Da gehen Sie folgendermaßen vor: Heizen Sie den Backofen samt Fettpfanne auf 220 bzw. 240 Grad vor. Geben Sie dann ein paar Esslöffel Öl und den gewürzten Braten (Geflügel mit der Brust, Keulen mit der Knochenseite) hinein und braten ihn bei dieser hohen Hitze vor. Dann die Fettpfanne kurz herausnehmen und die Ofenhitze bei geöffneter Backofentür auf 80 Grad absenken. Die Fettpfanne wieder einschieben und den Braten bei 80 Grad fertig garen. Ofentemperatur beim Vorbraten und Garzeiten entnehmen Sie der Garzeitentabelle.
Fisch auf den Punkt gegart
Mal nicht ganz durch, mal fast verkocht? Dank Niedrigtemperatur gelingt auch Fisch perfekt. Besonders die festfleischigen Sorten wie Thunfisch, Schwertfisch und Seeteufel werden superzart und saftig wie nie. Und auch ganze Fische sind – in Folie im eigenen Dampf gegart – ein Kinderspiel. Bei Fisch sind allerdings 100 Grad angesagt, denn bei 80 Grad flockt das Fischeiweiß aus – ist zwar unschädlich, sieht aber nicht besonders schön aus.
Fehlerquellen
Ihr erster Versuch mit der Niedrigtemperaturmethode hat nicht so richtig geklappt? Daran könnte es gelegen haben:
- Achten Sie beim Kauf auf wirklich gute Fleischqualität! Aus einem minderen Stück wird auch mittels Niedrigtemperaturmethode kein Gourmetbraten.
- Das Fleisch war beim Anbraten zu kalt. Nehmen Sie es rechtzeitig aus dem Kühlschrank! Wird es kühlschrankkalt angebraten, dauert der Garprozess im Ofen länger, weil die Wärme länger braucht, um bis zum Kern vorzudringen.
- Die Ofentemperatur hat geschwankt. Schon ein gelegentliches Absinken auf 70 Grad verzögert den Garvorgang enorm, bei 60 Grad kommt er ganz zum Stillstand. Umgekehrt gart das Fleisch bei 90 bis 100 Grad schneller, trocknet bei sehr langen Garzeiten aus. Kontrollieren Sie die Ofentemperatur also regelmäßig und regulieren sie durch Höherschalten oder kurzes Öffnen der Backofentür.
Die in der Tabelle angegeben Garzeiten beruhen auf meiner Erfahrung, können aber immer nur Näherungswerte sein. Neben dem Gewicht kommt es bei einem Fleischstück nämlich vor allem auf die Dicke an. Eine lineare Berechnungstabelle nach dem Motto „Pro Kilogramm Fleisch so und so lange garen“ lässt sich deshalb nicht erstellen. Das Feintuning können Sie mithilfe eines Bratenthermometers aber prima selber übernehmen. Wenn Sie im Vorfeld unsicher sind und den gewünschten Braten in der Tabelle nicht entdecken, dann schreiben Sie mir gerne an: info@margit-proebst.de.
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen!